Änderungen für deutsche Unternehmen im Schweizerischen Mehrwertsteuerrecht


Ab 2018 bzw. 2019 sollen in der Schweiz nicht mehr nur inländische sondern auch weltweite (inländische und ausländische) Umsätze von ausländischen Unternehmern, die Umsätze in der Schweiz generieren, für die Mehrwertsteuerpflicht maßgebend sein.

Mit der jüngsten Änderung der Schweizerischen Steuerverwaltung werden nicht mehr nur die Schweizerischen Umsätze ausländischer Unternehmen für die Mehrwertsteuerpflicht relevant, sondern der sog. Weltumsatz (sämtliche Umsätze = weltweit). Unternehmen, die Umsätze von mehr als 100.000 CHF (ca. 85.500 €) p.a. weltweit tätigen und zugleich Umsätze in der Schweiz tätigen, werden ab 2018 in der Schweiz registrierungs- und damit mehrwertsteuerpflichtig.

Bis 2018 war nur der innerhalb der Schweiz erzielte Umsatz maßgebend, weshalb ausländische Unternehmen in der Schweiz einen Umsatz von bis zu 100.000 CHF erzielen konnten, ohne mehrwertsteuerpflichtig / registrierungspflichtig zu werden. Seit 2018 entfallen durch die gesetzliche Neuregelung die Wettbewerbsnachteile der inländischen Unternehmen gegenüber den ausländischen Unternehmen.

Weitere Änderungen für Versandhandelsunternehmen und Kleinsendungen:

Ab dem 1. Januar 2019 treten auch die Änderungen für den Online-Versandhandel an Nichtunternehmer ein. Versendet ein ausländisches Unternehmen ab 2019 Kleinstsendungen in die Schweiz, bei denen aufgrund des geringen Warenwertes die Einfuhrumsatzsteuer nicht mehr als 5 CHF beträgt und die Summe dieser Sendungen 100.000 CHF jährlich übersteigt, wird der Unternehmer in der Schweiz registrierungspflichtig und damit mehrwertsteuerpflichtig in der Schweiz. Die Neuregelung greift nur bei Lieferungen an private Abnehmer.

Ob eine Registrierungspflicht in der Schweiz eintritt hängt davon ab, ob Lieferungen oder sonstige Leistungen getätigt werden. Weiterhin ist zu beachten, dass das Schweizerische Mehrwertsteuerrecht nicht deckungsgleich in der Auslegung von Definitionen ist und zahlreiche Sonderbestimmungen (bspw. Unterrichtsleistungen, Veranstaltungen oder Organisationsleitungen, etc.) bestehen.

Die nachfolgende Tabelle soll Ihnen einen groben Überblick über registrierungspflichtige Vorgänge ab 2018 / 2019 in der Schweiz zeigen und eine gewisse Sensibilität für eine eventuelle Registrierungsverpflichtung schaffen.

Lieferungen

Reine Warenlieferung in die Schweiz, z.B. Ex-Works (Ab Werk) Lieferung nach den Incoterms ® 2010 (Online-Versandhandel). Unabhängig vom Weltumsatz des Unternehmens, lösen reine Warenlieferung keine MWST-Pflicht in der Schweiz aus, wenn diese „unverzollt und unversteuert“ geliefert werden (z.B. reine Exporte in die Schweiz zwischen Unternehmern)
Der deutsche Lieferant tritt als Importeur auf (z.B. DDP Lieferungen nach den Incoterms ® 2010). Wenn der deutsche Lieferant die Schweizerische Einfuhrumsatzsteuer übernimmt bzw. als Importeur auftreten möchte, muss er sich - unabhängig vom Weltumsatz – in der Schweiz zur MWST registrieren. Hierfür ist die Unterstellungserklärung notwendig. Die Rechnung des dt. Lieferanten an seinen Schweizerischen Kunden fakturiert der deutsche Lieferant mit Schweizer MWST. Die bei der Einfuhr verauslagte Schweizer Einfuhrumsatzsteuer kann der deutsche Lieferant über seine Schweizer MWST-Nummer zurückverlangen.
Ab 01.01.2019: Warenlieferungen bei Online-Versandhandel → Lieferungen an Nichtunternehmer Unternehmen die für mindestens 100.000 CHF (ca. 85.500 €) p.a. von der Einfuhrumsatzsteuer befreite Kleinsendungen (Einfuhrumsatzsteuer pro Einzelsendung unter 5 CHF) in die Schweiz senden, werden ab 01.01.2019 MWST-pflichtig in der Schweiz.
Werkvertragliche Lieferungen in der Schweiz (z.B. Warenlieferung + Montage). Wenn der weltweite Umsatz des deutschen Unternehmers 100.000 CHF übersteigt, besteht ab dem 01.01.2018 Registrierungs- und MWST-Pflicht in der Schweiz.
Reine Arbeitsleistungen (ohne Warenlieferung) wie Reparaturen, Montage, Reinigungen usw. → aus Dt. Sicht = Werkleistungen; in Schweiz = Lieferungen) Wenn der weltweite Umsatz des deutschen Unternehmens 100.000 CHF übersteigt, besteht ab dem 01.01.2018 Registrierungs- und MWST-Pflicht in der Schweiz.

Dienstleistungen

Dienstleistungen wie Werbung, Beratung (ohne Grundstückbezug) für einen Kunden mit Sitz in der Schweiz. → ausschließlich Leistungen nach Art. 8 Abs. 1 MWSTG Empfängerortsprinzip, egal, ob die Dienstleistung physisch in Deutschland oder der Schweiz erbracht wird. Fall der Bezugsteuer (= Reverse-Charge), keine Registrierung, keine MWST-Pflicht → keine Neuerung ab 01.01.2018.
Dienstleistungen wie Architektenleistungen mit Grundstücksbezug (Grundstück in der Schweiz belegen): Belegenheitsortsprinzip, egal, ob die Dienstleistung physisch in Deutschland oder der Schweiz erbracht wird Wenn der weltweite Umsatz des deutschen Unternehmens 100.000 CHF übersteigt, besteht ab dem 01.01.2018 Registrierungs- und MWST-Pflicht in der Schweiz.
Dienstleistungen wie Telekommunikations- und elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen oder nicht steuerpflichtige Unternehmen mit Sitz in der Schweiz Wenn der weltweite Umsatz des deutschen Unternehmens 100.000 CHF übersteigt, besteht ab dem 01.01.2018 Registrierungs- und MWST-Pflicht in der Schweiz.
Dienstleistungen wie Telekommunikations- und elektronische Dienstleistungen an steuerpflichtige Unternehmen mit Sitz in der Schweiz Empfängerortsprinzip, egal, ob die Dienstleistung physisch in Deutschland oder der Schweiz erbracht wird. Fall der Bezugsteuer (= Reverse Charge), keine Registrierung, keine MWST-Pflicht → keine Neuerung ab 01.01.2018..

 

Was ist zu tun bei bestehender Mehrwertsteuerpflicht in der Schweiz?

Wer zur Abgabe von Steuererklärungen verpflichtet ist, muss sich unaufgefordert innerhalb von 30 Tagen nach Beginn der Steuerpflicht bei der Schweizerischen Steuerverwaltung anmelden und:

  • einen Fiskalvertreter bestellen (= Pflicht). Als Fiskalvertreter kann eine natürliche oder juristische Person mit Wohn- oder Geschäftssitz in der Schweiz (z.B. die Handelskammer Deutschland-Schweiz) auftreten. Dieser übernimmt als Stellvertretung die Pflichten der steuerpflichtigen Person, haftet jedoch nicht für die Steuerschuld.
  • eine Sicherheitsleistung erbringen (Bankbürgschaft bei einer in der Schweiz ansässigen Bank oder durch Bareinzahlung auf das Konto der Schweizerischen Steuerverwaltung). Ab dem 1. August 2017 beträgt die Sicherheitsleistung 3% des erwarteten steuerbaren Inlandumsatzes (ohne Exporte), dabei liegt der Mindestbetrag bei 2.000 CHF und der Höchstbetrag bei 250.000 CHF.
  • in der Regel vierteljährliche Einreichung von Steuerabrechnungen

Bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Unterlassung der Anmeldung als steuerpflichtige Person drohen hohe Bußen oder sogar ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung.

Ansprechpartner für weiterführende Informationen bietet die Handelskammer Deutschland-Schweiz, Zürich:

Dr. Marion Hohmann-Viol
Tel. +41 44 283 61 77
marion.hohmannviol(at)handelskammer-d-ch.ch 
www.handelskammer-d-ch.ch

Ihre CONSILIARIS-Ansprechpartnerin zu diesem Themenkomplex ist:

Stephanie Zelmer
Steuerberaterin
Bachelor of Laws
Telefon: 05321 75 980
E-Mail: zelmer(at)consiliaris.de